An dieser Stelle blicken wir weit zurück auf die Zeit am Ende des 19. Jahrhunderts, als die Geburtsstunde der Lumdatalbahn noch in einiger Entfernung lag. Die Parallelen zur heutigen Zeit sind dennoch gut zu erkennen. 

Es geht um die ersten Bestrebungen des Herrn Adalbert Freiherrn von Nordeck zu Rabenau, der schon 1880 den Bau der Bahnstrecke von Lollar nach Londorf-Kesselbach forderte. 1885 führte sein Eintreten zur ersten Rentabilitätsberechnung. Allerdings zeigte sich auch die Stadt Grünberg dem Bau der Bahnstrecke sehr entgegenkommend, und so war es nicht verwunderlich, dass der erste Streckenabschnitt von Grünberg nach Londorf gebaut wurde, eröffnet im Jahr 1896. Die Strecke von Lollar nach Londorf folgte am 1. Juni 1902, und so konnte man von Lollar (Main-Weser Bahn) nach Grünberg (Oberhessische Bahn) durchgehend fahren. 

Es dauerte insgesamt von der Planung bis zur Eröffnung der Strecke, deren Reaktivierung heute durch unseren Verein engagiert gefordert wird, von Lollar nach Rabenau-Londorf gute 17 Jahre. Heute diskutieren wir allerdings schon deutlich länger über die im Vergleich zum damaligen Neubau der Strecke viel einfacher zu realisierende Wiederinbetriebnahme. 

Die Oberhessische Nachrichten vom 8. September 1885 berichteten ausführlich über einen Vor-Ort-Termin im Lumdatal. 

Aus dem Lumda-Thale, 5. September. Heute fand eine Bereisung des Lumdathales durch die Herren Ministerialrath Horst und Oberbaurath Pfarrer aus Darmstadt unter Begleitung des Abgeordneten des früheren Kreises Grünberg, Herrn Adalbert Freiherrn von Nordeck zur Rabenau zwecks vorläufiger Prüfung des Eisenbahn Projektes von Lollar nach Londorf-Kesselbach bis nach Grünberg statt. Die Besichtigung erstreckte sich von Station Lollar ausgehend über die Ortschaften Daubringen, Mainzlar, Treis, Allendorf, Londorf und Kesselbach. Nach Einsichtnahme der Bahnlinie und der projektierten Haltestellen, sowie der Bahnhöfe in Allendorf und Rabenau, letzterer zwischen Londorf und Kesselbach gelegen, werden Abänderungen der Bahnlinie im Interesse der Ortschaften Mainzlar und Allendorf in Augenschein genommen und dieselben eingehend besprochen. 

Die Besichtigung wurde auch auf die betriebenen Lungstein-Brüche bei Londorf ausgedehnt und weiter auf das reichlich vorhandene Material dieser Formation in den benachbarten Gemeinden Nordeck, Kesselbach, Odenhausen, Allertshausen und Allendorf, sowie das Vorkommen des weißen Quarzsandsteins bei Treis hingewiesen, deren Verwerthung einer Eisenbahn ganz bedeutende Qualitäten von Werksteinen u. zuführen würde. Außerdem hat Climbach beachtenswerthe Lager von Schieferkohlen und Bauxit. 

Eine Durchführung der Bahnlinie aufwärts nach Grünberg respektive Einmündung derselben zwischen Mücke und Grünberg in die Oberhessische Bahn dürfte ebenfalls Aussicht auf Erfolg haben, da besondere Gelände-Schwierigkeiten hier nicht vorliegen, und eine Besichtigung auch dieser Strecke ergab, dass durch die Bahn mehrere Eisensteingruben wieder lebensfähig würden. Und auch die bedeutenden fiskalischen Waldungen jenseits der Lumda besser ausgenützt werden können.

Da der Stadtverband von Grünberg sich bereits früher in richtiger Würdigung dieser für die Stadt Grünberg wichtigen Frage bereit erklärt hat, das nöthige Gelände im oberen Lumdathal für den Bahnbau unentgeltlich zu beschaffen, so dürfte dieses Anerbieten von ausschlaggebender Bedeutung sein. Eine nochmalige spezielle Prüfung des Bahnprojektes wurde in Aussicht gestellt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass zunächst auch die betheiligten Gemeinden im mittleren und unteren Lumdathale die Erklärung abzugeben haben, das für die Bahnlinie erforderliche Gelände dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. (Dem Vernehmen nach soll, dem lobenswerthen Beispiel von Grünberg folgend, auch bereits Kesselbach mündliche Zusage ertheilt haben.) 

Wenige Morgen Land als Beitrag der Gemeinden

Wir zweifeln nicht, dass auch durch die einsichtsvollen Gemeinderäthe der übrigen rückständigen Gemeinden die verhältnismäßig wenigen Morgen Land, die zu der eingleisigen Bahn erforderlich sind, zur Verfügung gestellt werden, umso mehr, als die Ausführung der Eisenbahn nicht alleine von den gesammten Geschäftsleuten des Lumdathales, sondern auch von sämmtlichen Arbeitern dringend gebraucht, gewünscht und gefordert wird, um denselben weiter ständig Arbeit und Verdienst zu ermöglichen und ihnen die Auswanderung in ferne Länder zu ersparen“.

 

Ebenfalls aus dem Jahre 1885 stammt die erste Rentabilitätsberechnung zum Bau der Lumdathalbahn. Der Grünberger Anzeiger berichtete:

„Die Rentabilitätsberechnung ergibt für die Bahn folgendes: eine Million Centner =50 000 Tonnen betragen bei zwölf Kilometer mittlerer Transportlänge = 600 000 Tonnenkilometer. Diese Tonnenkilometer, entsprechend den Sätzen der Sekundärbahnen, den Tonnenkilometer zu je 6,75 Pfg. durchschnittlich berechnet, ergeben eine Frachteinnahme von 40 500 Mark. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr würden betragen: circa 500 000 Personen= respektive Reisekilometer und den Reisekilometer durchschnittlich gerechnet auf 4,75 Pfg. = 23 750 Mark. Der Ausfall von Retourbillets würde durch die Einnahme aus der Postbeförderung wieder ausgeglichen werden. Die Gesammteinnahmen betragen demnach: aus Waaren 40 500 Mark, von Personen 23 750 Mark, zusammen 64 250 Mark, davon ab die Gesammtausgaben incl. Erneuerungsfonds werden auf den Kilometer 3000 Mark kommen = 45 000 Mark, bleibt ein Überschuss von 19 250 Mark, was eine Verzinsung des Baukapitals von rund einer Million mit 1,92 % oder nach Abzug der Staatsbeihülfe und des Geländewerthes mit 3,6% ergibt“.

Die zitierten Texte stammen aus dem Archiv der Arbeitsgemeinschaft/Stadtarchiv Allendorf (Lumda).